Hallo,
ich habe abseits des Elektrolyse-Beitrages mal einen eigenen Thread aufgemacht, um der Frage nachzugehen, ob man Eisenmeteoriten überhaupt entrosten soll.
Generell kann man, so denke ich, diese Frage in den meisten Fällen klar mit Nein beantworten!
Niemand würde ein schön patiniertes Eisen blank machen wollen, man denke nur an die ledrige Patina des Gebel Kamil. Keine Freude hätte ich auch mit einem gereinigten Canyon Diablo, macht doch die orange-braune Färbung den urtümlichen Charakter dieses „grand seniors“ aus.
Nur: Das Forum ist ja nicht voll mit Lobeshymnen über die pflegeleichten Musterschüler, sondern behandelt immer wieder die bekannten Problemfälle ….
Wann würde also eine Komplettentrostung mittels Elektrolyse Sinn machen?
Dies wäre meiner Meinung nach bei den als „böser Roster“ verschrienen Stücken unbedingt empfehlenswert.
Es gibt hier im Forum unendlich viele Beiträge zum Thema Aufbewahrung, Rostvermeidung, Silikagel, etc. Jedoch nutzt die Reduktion der Luftfeuchtigkeit gar nichts, wenn sich in der porösen Struktur des Meteoriten aggressive Salze eingelagert haben. Diese lösen einen autokatalytischen (d.h. sich-selbst-verstärkenden) Korrosionsprozess aus. „Toll“, wenn man so eine korrosive Atmosphäre – wie vielfach empfohlen – noch in einem luftdichten Behältnis einschließt…!
Nur wenn man diese Salze neutralisiert und entfernt, kann man den Roster-Meteoriten stabilisieren. Daher habe ich auch jedes braune Rostfleckchen beim gegst. Campo penibel entfernt, denn diese Stellen sind wie ein Schwamm: eine Brutstätte für neuen Rostansatz.
Eine eben solche Brutstätte für neuen Rostansatz ist übrigens auch Schmutz wie z.B. Erdreich oder Sand/Staub. Hier kann Feuchtigkeit kondensieren und sich so in geschützten Ecken ansammeln und einwirken. Deshalb reinige ich ALLE meine Meteoriten von Erdreich, Sand und Staub (z.B. mit Kunststoffbürste). In diesem Zusammenhang finde ich ja die Meldungen ganz witzig, dass manche geradezu stolz darauf sind, den original verschmutzten Fundzustand zu haben und auch noch bewahren zu wollen – sich jedoch dann wundern, wenn das Teil zu korrodieren anfängt und die Schuld dann auch noch rund ums Silikagel suchen….
(so jedenfall des öfteren mein Eindruck hier im Forum - ohne das jetzt böse zu meinen....!)
Warum rosten diverse Meteoriten stark, während andere keine diesbezüglichen Tendenzen zeigen?
Rost ist nicht gleich Rost! – Die Stabilität eines Metallstückes hängt sehr stark von den Umgebungsbedingungen ab, in denen es zu liegen kam!
Die trockene Umgebung einer Wüste ist so optimal, dass selbst 50.000 Jahre Liegedauer weniger starke Auswirkungen haben wie 50 Jahre in europäischem Erdreich.
Ich denke, man kann sich das so vorstellen, als Meteoriten im Erdreich in gemäßigten Breiten mit korrosiver Schlonze vollgesogen sind, während Wüstenfunde keine derartige „Impfung“ bekommen haben.
Nicht umsonst sind die Wüsteneisen aus den USA, Australien oder Nordafrika superstabil, während die europäischen Eisen meist als böse Roster verschrien sind.
Jedoch gibt es auch hier Unterschiede, die sogar bei ein und demselben Typ, je nach Fundort, variieren können. Ein saures, luftdurchlässiges Bodensubstrat ist Gift für jedes Eisen, während ein basisches und luftundurchlässiges Milieu sogar konservierend wirkt. Es hängt also immer von den Umgebungsbedingungen ab!
Kernaussage: Nicht der Dronino oder der Morasko ist schlechtes Material, sondern seine korrosionsfördernde Fundumgebung hat ihn schlecht gemacht! Wären diese Eisen in der Wüste gefallen, wären sie sicher genauso stabil wie der vielgepriesene Gebel Kamil oder Taza. Ich bin daher davon überzeugt: Wenn man den Rostern die korrosiven Bestandteile nimmt, bleiben sie sehr wohl stabil!
SELBSTVERSUCH MIT LANGZEITBEOBACHTUNG:
Ich habe mir - sozusagen als Versuchsobjekte – 3 als Roster verschriene Stücke zugelegt:
- Campo del Cielo, 700g:
Zeigte ursprünglich oberflächlich Rostflecken, die eindeutig aus dem porösen Inneren herrührten. Wurde vor 3 Monaten mit Elektrolyse, Drahtbürstenreinigung, Kochen in destill. Wasser, Entwässerung (Aceton) und Konservierung (Cosmoloid H80) behandelt und ist seither stabil.
- Brahin Pallasit, 267g:
Ist ein Tortenstück mit Aussenkrustenanteil in Fundzustand, welche sehr bröselig war. Wurde vor 1 Monat wie Campo behandelt und ist bislang ebenso stabil (war jedoch ein Riesenaufwand wegen rausgefallener und zerbröselter Olivinkristalle – würde ich heute nicht nochmal machen).
- Canyon Diablo Graphit-Knolle:
Die 9mm dicke Scheibe war dick lackiert, warf aber innerhalb 1 Monats Bläschen mit deutlichen Chlorid-Ausschwitzungen.
Ist derzeit in Arbeit (Lack abgeschliffen und rein ins Elektrolysebad, Graphit leitet ja den Strom!) hier geht es jedoch rein um die Neutralisation der Chloride, nicht um Rostentfernung.
Von den Ergebnissen und Langzeiterfahrungen werde ich hier in diesem Thread berichten, derzeit ist noch zu wenig Zeit vergangen um gültige Aussagen treffen zu können. Soweit sieht es jedoch sehr gut aus, sodass ich fest davon überzeugt bin, mit dieser Methode die üblen Roster bändigen zu können.
Übrigens: Alle meine Meteoriten liegen offen auf einem Regal im Wohnzimmer, wo sie „Luft“ abbekommen (Luftfeuchtigkeit im Wohnzimmer liegt so zwischen 35-50%). Silikagel oder Dosen verwende ich keine, halte ich auch bei meinen eher größeren und unsensiblen Stücken nicht für notwendig, ja sogar für problematisch (Meteorit badet dann ja im eigenen Dunst, wenn dieser korrosiv, dann gute Nacht!).
Im NHM in Wien sind übrigens keine der Vitrinen irgendwie klimatisiert oder mechanisch belüftet, ganz zu schweigen von den Schubladen des Kellerarchives. Wenn das so für diese Institution reicht, dann langt es für mich alle mal.
Meint
Christian
PS: Foto der gereinigten und konservierten Außenfläche des Brahin-Meteoriten anbei! Ha! Wer hat so was schon mal gesehen?!