Europäer in puncto Hygiene einen "Hau"
Ja, sind eben denaturiert. Fleisch muß sowieso vor dem Verzehr eine zeitlang verwesen, da es sonst schlecht zu verzehren ist. Würde man das Schnitzel während der Leichenstarre braten, so wär es hart, trocken, zäh und zudem sauer. Erst muß das Kollagen der Muskelfasern teilweise zersetzt werden, zudem bildet sich zunächst viel Milchsäure, die erst später abgebaut wird. Und deswegen läßt man z.B. ein Rind erst 1-2 Wochen kontrolliert verwesen, bis es in den Handel kommt - Wild noch länger, da der Verwesungsgeschmack, der Hautgout, erwünscht ist. Zudem bilden sich bei diesem Abhängen Aromastoffe, die wir mögen. Bei der Salamiherstellung z.B. - hihi, Zutatenverordnung schreibt man dann euphemistisch drauf "Starterkulturen", denn wenn man u.a. "Staphylokoggen", die man einer Salami ja zusetzen muß, damit sie reifen kann - tätmer alle wieder "iiiih" kreischen unds nimmer kaufen. Und bei solchen Spezialitäten, wie dem Matjes-Hering, der anaerob in einem Fässlein vergammelt, muß man ein bisserl von den Innereien mithineingeben, sonst gammelt er nicht fein. Und in den unschuldigen Käse, müssmer auch ein bisserl Lab hineingeben, sonst wird er nicht.
Die Lagerung an der Luft, wenn man keine Kühlmöglichkeit hat, ist unbedingt angezeigt! Es dämmt die Vermehrung des gefürchteten und ubiquitären Botulinus-Bakteriums (lat. "Wurst"-Bakterium) ein, welches als Stoffwechselprodukt eines der allerstärksten Nervengifte produziert (mit 1g, kann man ca. 1 Mio Leut über den Jordan, nen?). Jenes Gift, welches sich die Dame von Welt in den Kopf spritzen läßt, da es die umgebenden Muskeln lähmt, sodaß man die Falten weniger sieht.
Salz mag das Botulinus-Bakterium auch nicht, insbesondere das Nitrit aus dem Pökelsalz nicht.
Zu Bemerken wäre ferner, daß die Kulinarik, sei es die uns liebgewordene theutsche Hausmannskost bis hin zum Sushi, sich zur Hauptsache darauf gründet, Lebensmittel lange lagern zu können, schädliche Zersetzungsprodukte unschädlich zu machen und solch gelagerte Lebensmittel wieder genießbar zu machen.
Und letztlich gründen nicht nur die Rezepte auf der Konservierung und Zubereitung solcher Speisen, sondern unser heutiges Finanzwesen.
Abgesehen davon, daß Salz (und keineswegs nur zur Geschmacksverbesserung sondern eben zur Konservierung) ein immens wichtiges Handelsgut war, welches zum Aufstieg der Städtegesellschaften und der Überwindung des Feudalismusses beitrug, spielt dabei der Pfeffer die Rolle. Ein Gewürz, das in der Lage war, die grauslichen Geschmäcker der konservierten Lebensmittel zu überdecken. Ein sehr teures Oberschichtengewürz, was im späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit in etwa den Status besaß, wie in unseren 1980ern und 1990ern das Kokain. - Hauptimportort über den Seeweg war Venedig und man war derart pfefferverrückt, daß man schließlich Wetten darauf abschließen konnte, wieviel Pfeffer und in welchen Qualitäten die Schiffe, die nach den Frühlingsstürmen einlaufen würden, geladen haben würden = die ersten Spekulationen: Die erste Börse war geboren. Ois nur wegen dem Gammelfleisch.
Zurück zur Expedition - es ist interessant, der Amerikaner ißt ja gern Dörrfleisch, als wärens Chips - das sogenannte Beef Jerky. Das findet sich in den letzten Jahren nun auch immer mehr bei uns, aus USA importiert. Zuvor gabs dieses Trockenfleisch eigentlich nur in Expeditionsläden als Spezialnahrung - ist sehr proteinreich, fettarm und platzsparend. Wenns einem also graust, kann man das ja mitnehmen. Eignet sich aber nicht zum Verkochen, da es stark sauciert und gewürzt ist. Durchsetzen wirds sich hier wohl nicht, Import ist teuer, so billiges Rindfleisch wie in USA haben wir nicht und v.a. haben wir ja einen großen Reichtum an regionalen luftgetrockneten Spezialitäten - von den diversen Schinken, über den berüchtigten Zampone, bis hin zum Bündnerfleisch..usw.
Um Bezug herzustellen, Trockenfleisch macht man auch gern in Afrika - wird unter dem Handelsbegriff "Biltong" geführt. Aus allerlei Tieren. Macht man dort auch gerne selber, wofür man sich oft einer einfachen Vorrichtung bedient, das dünn geschnittene und gewürzte Fleisch wird in eine Kiste gelegt, worinnen eine Glühbirne mit geringer Wattzahl installiert ist. Durch die Abwärme der Birne wird das Fleisch getrocknet.
Ab zur Paläontologie - Gefriertrocknung ist ja auch ein Konservierungsmittel - durch den Klimawandel taut ja nunmehr der Permafrostboden in Asien auf - sodaß immer mehr besterhaltene Mammuts gefunden werden. Es gibt vereinzelte Berichte, daß das Fleisch dieser Funde durchaus noch verzehrbar war.
So, ab damit ins Sonstige, ich hab jetzt Hunger.

Mettmann
PS: Andi, bisserl mehr Lokalpatriotismus - Kühlschränke gabs schon länger, und die Senioren bei uns, sagen ja manchmal noch "Eisschrank".
Oh Schlachtschiff des DAXes - Carl von Linde hat doch an der TU hier, gesponsert von den hiesigen Brauereien 1873 die Eismaschine erfunden. Kühlschränke waren halt damals Schränke mit einem Fach in dem ein großer Eisblock vor sich hinschmolz. Angeliefert wurden die Eisblöcke aus der Fabrik vom Eismann - gibt ja auch einen Slapstickfilm, in dem sich Stan & Ollie als solche Eismänner verdingen.
Möge der Thread folgen zur Kühlung von vakuum-eingeschweißten Dronino-Scheiben im Eisfach zur Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit - und wenn wir brav sind, baut uns der Uphäufel noch ein Peltierelement ins Gfrierfach.
(PPS: EU ist seltsam, nicht nur dass in D kein deutscher Rohmilchkäse verkauft werden darf, wohl aber französischer, da der als regionale Spezialität geschützt - die ham leider auch das köstliche Wiener Saftgulasch verboten!)