Salü,
Das Verständnis dafür wird in der Sammlerschaft sicher auch noch wachsen und reifen
Ehm, bisserl korrigiert. Das Verständnis war ja zunächst da. Die ersten Heißwüstenfunde, die richtig zahlreich daherkamen, waren die libyschen und die australischen, da wurde jeder Stein klassifiziert, danach die Gruppe der "SAH"-Funde, da ließ es ein bisserl nach, wiederum danach die Omanischen, wo ein jeds klassifiziert wurde, zeitgleich mit den fundortlosen NWAs, die anfänglich dito klassifiziert worden sind, egal obs Knorzen oder Gleisschotter war.
Und das fiel eben zusammen mit der Ausbreitung des Internets als Massenkommunikationsmittel. Ist ja noch keine Ewigkeiten her. Erste Meteoritenseite überhaupt wurd 1996 aufgemacht. Durchs Web kamen eben zahlreiche neue Meteoritensammler und -händler dazu, gleichzeitig erweiterte sich die Handelsinfrastruktur in Marokko, sodaß die Steine diesen auch direkt erreichbar wurden. Und so hat sich der kommerzielle Sektor in starken Maße amateurisiert, und damit, fast naturgegeben, ist die Kenntnis um die Notwendigkeit der Klassifikation an sich, so wie sie zuvor Standard war, abhanden gekommen, da die neueren Händler, Sammerhändler, Sammler in eine Meteoritenwelt hineingeboren worden, die sie die Meteorite in viel stärkerem Maße als Handelsgut und Sammlerware auffassen ließ. Ungünstigerweise fiel das zusammen mit dem krassen Preisverfall aller Klassen der Wüstlinge, sodaß es gerade auch finanziell für die Kleinst- und Gelegenheitshändler unmöglich erschien, ihre Steine auch noch klassifizieren zu lassen.
Der andere Punkt ist, daß die Weltmenge an Meteorite durch die Wüstenfunde sich innerhalb kürzester Zeit vervielfacht hat, die Stellen an den Instituten (und der akademische Nachwuchs, der auf Mets spezialisiert ist), die Meteorite klassifizieren, aber nicht - sodaß die heutigen Klassifikateure heillos überlastet sind.
Der allüberwiegende Teil aller Funde aus der Sahara und den andern Wüsten, ob kalt oder heiß, sind gewöhnliche Chondrite,
die kann man schlicht nicht mehr klassifizieren lassen, weil die Kapazitäten nicht reichen und auch so wenig wissenschaftlicher Nutzwert in ihnen steckt, als daß überhaupt ein Klassifikateur diese annehmen würde. So ist es heute eben der Regelfall, daß die gewöhnlichen Chondrite nicht klassifiziert werden.
Der Fehler nun ist, daß manche daraus ableiten, daß sie die seltenen Klassen und Planetaren auch nimmer klassifizieren lassen müßten und daß das dann schon nicht so schlimm sein könne.
Wäre es da nicht sinnvoll, zur Klassifizierung nur Stücke mit ausreichend dokumentierten Funddaten einreichen zu dürfen?
Nein, das wäre fatal.
Die Sahara hat sich durch die privat/kommerziellen Aktivitäten zur mit Abstand größten Meteoritenquelle gemausert. Innerhalb 10-15 Jahren das Weltmeteoriteninventar vervielfacht. Auch die Antarktis hattse schon sehr früh abgehängt, denn wie der Andi schon richtig bemerkt, wird dort nahezu jeder Popel, auch wenn er neben dem andern liegt, als eigener Meteorit geführt, gibt gar einen CM2 dort, der unter 240 Nummern firmiert, selbst Stücke unter einem Gramm - und im Schnitt hammer aus der Antarktis keine 8000 verschieden Funde. (Dazu ist die jeweilige Fundmenge, das tkw im Schnitt viel viel kleiner als bei den NWAs). Fatal wärs, weil bei den Meteoriten gilt, Masse bringt Klasse. Ein Sucher hebt alles auf, was nach Meteorit aussieht, und nicht wie der Schwmmerlsucher, beh das is ein Hexenpilz, der ist unbekömmlich, bäh das is ein OC, der bringt mir nix. Und man muß halt erstmal im Schnitt 100 gewöhnliche Aufheben, bis mal ein HED oder was selteners rauskommt und 1000 Funde machen, bis mal ein Mond oder Mars.
Das kann die Antarktis nicht leisten und viele Institute könnten sich keine Antarktissuche leisten, und so müßten die meisten an den 2000 historischen rumschrauben, wie die letzten 200 Jahre über auch, gäbs die geographischen Waisenkinder aus NWA nicht.
Und so hat die Wissenschaft einen driefältigen Vorteil durch die Wüstenei.
1. Sie kriegt - der Klassiprozeß ist ja keine einseitige Veranstaltung, sondern a Pfimmpfimm, - sie kriegt durch die Bestimmung mit der Hinterlegungsmasse,
beträchtliche Mengen an verschiedenen wissenschaftlich ganz besonders interessanten Meteoriten ins Lab, und zwar gratis.
Also eine Vielfalt an neuen Mets, die sie selbst qua Expeditionibus niemals selbst erzeugen könnte, selbst wenn das Budget dafür da wäre, und sie kriegtse umsonst; und zusammengenommen sind das erhebliche finanzielle Werte, die, bei der schlechten finanziellen Ausstattung insbesondere in Europa, die Unis/Museen sich sonst gar nicht kaufen könnten.
2. Sie komma die Wissenschaft hat die freie Wahl, sie kann sich mit einem Fingerschnipp die abgedrehtesten Meteorite über den Handel holen,
muß also nicht a la eigenen Expedition erst 100 stinkfade H5 und L6 bauen und sie kann sich genau die Mengen holen, die sie benötigt. Muß also nimmer wie früher den Pfunds- oder Mehrkilostein kaufen, sondern grad soviel Gramm/Milligramm, wie sie für ihre jeweilige Arbeit brauchen und haben eine Auswahl, wie noch nie in der Gechichte der Menschheit.
3. Die Meteorite sind durch NWA und deren Erschließung kommerzielle Aktivität waaaaaaahnsinnig billig geworden für die Wissenschaft.
Also Kally, wennst da die Artikel in den Zeitungen liest, es wird nicht nur geflunkert über die Antarktis, sondern auch was die Preise angeht.
Is ja nix Neues, Jung-Nininger z.B. hatte mit Henderson vom Smithsonian in den frühern 30igern ein Abo vereinbart, daß der ihm 35.000$ (inflationsbereinigt) pro Jahr zahlt, und dafür von den Neufunden bekommt. Nach kurzer Zeit hat sich Henderson dann beschwert, daß er immer nur ranzige olle Chondriten bekommt...
Es hat eine Aldi- und kikisierung bei den Meteoriten stattgefunden, leider unter ähnlichen Bedingungen wie in Bagladesch die Hosen geschneidert werden oder in Indien die Kinder unsere Grabsteine brechen oder in China die Kids unsere Pflastersteine zurechtklopfen, profitiert sie von der Armut und dem niedrigen Lebensstandard der Sucher in den Saharaländern. Niwwa. Nimmst US-Wüste her, wenn da einer einen HED mal find, ja dann kostet der halt 10-20x mehr als ein gleichguter aus der Sahara.
Das birgt natürlich Gefahren,
die Gefahr der Bequemlichkeit bei den Forschers und Kuratores, wenn sie Meteorite teilweise gratis, ansonsten sehr billig im Vergleich zu früher und alle Klassen und Sorten vermeintl. jederzeit zur Verfügung haben, daß sie dann geneigt sind, die Acquise zu vernachlässigen und für die geeignete Finanzausstattung ihrer Sparte sorgen.
Nichwa Kally, wenn man, wie man es konnte, liest, das Paris angibt, nicht genügend Mittel zu haben,ihre historische Sammlung fachgerecht zu lagern, wenn in Berlin Patenschaften für die Entrostung von Scheiben gesucht werden, wenn in Göttingen, mit der mit am ältesten Sammlung der Welt, geheult wird, man könne sich keine Vitrinen leisten für die Meteorite,
dann sind das Aussagen, wie man sie in diesen reichsten Ländern der Welt nicht tolerieren kann,
sondern wie man sie allenfalls aus Entwicklungsländern kennt.
Also, daher ists wichtig,daß nach wie vor Koordinatenlose Interessantlinge tunlichst eingereicht werden.
Und für die wissenschaftl. Erkenntnis, da ist es sehr nachrangig, wo genau es einen Meteoriten auf der Erde hingewaffelt hat,
denn was wir von den Meteoriten wissen wollen, das ist nicht von dieser Welt. Sie sagen uns, wie es auf andern Himmelskörpern aussieht, zugegangen ist, woher wir kommen und wie das Sonnensystem entstanden ist.
Ob der Stein nun in einem staubigen Wadi aufgehoben wurd oder durch einen Kofferraum eines Chevys gesaust ist, ist für diese Fragen völlig wurscht.

Mettmann